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Die Anfänge der jiddischen 'purim shpiln' in ihrem literarischen und kulturgeschichtlichen Kontext


jidische schtudies (js) 10. 2003. XII, 237 Seiten.
978-3-87548-333-8. Kartoniert
EUR 48,00


Jiddischsprachiges Theater entwickelte sich als Teil des jüdischen Purimfestes in der Frühen Neuzeit.

In dieser Monographie werden die heute noch vorhandenen Spieltexte, die purim shpiln, erstmals philologisch erschlossen, in ihrer Gesamtheit dargestellt und bisherige Annahmen zu ihrer Entstehung diskutiert.

Die Spieltexte erweisen sich als äußerst vielschichtig und waren auf Grund dessen der bisherigen Forschung nur schwer zugänglich. Sie leben als parodistische Texte von Anspielungen auf die hebräischsprachige Liturgie sowie auf Regeln, Sitten und Gebräuche der in Süddeutschland ansässigen Juden. Dabei wurden auch humoristische Elemente aus der Kultur der nicht-jüdischen Umgebung aufgenommen.

Die Frage, wann und wo jiddischsprachiges Theater entstand, wurde in den vergangenen hundert Jahren nur unzureichend beantwortet. Mit dieser Monographie werden die heute noch vorhandenen Spieltexte erstmals philologisch erschlossen, in ihrer Gesamtheit dargestellt und die bisherigen Annahmen zu ihrer Entstehung diskutiert.

Das Purimfest und dessen aschkenasische Praxis, die Esthergeschichte und deren jiddische Interpretationen, die rabbinische Theaterkritik und das (nichtjüdische) Theater der Frühen Neuzeit stellen den Entstehungsrahmen der Spiele dar.

Wie die Spiele selbst geartet waren, was man jeweils unter "purim shpil" verstand, wird im zweiten Kapitel untersucht. Die wenigen Überreste in zeitlicher Gliederung darzustellen und das Genre "purim shpil" näher zu bestimmen, ist eines der Verdienste der Untersuchung. Dabei wird auch die Verbindung zu den "vikukhim", den jiddisch-hebräischen Streitgedichten diskutiert. Die Spieltexte erweisen sich philologisch als äußerst vielschichtig und waren auf Grund dessen der bisherigen Forschung nur schwer zugänglich. Sie leben als parodistische Texte von den Anspielungen auf die (hebräischsprachige) Liturgie bzw. auf religiöse Regeln, Sitten und Gebräuche der in Süddeutschland ansässigen Juden der Frühen Neuzeit.

Nur in diesem größeren Rahmen ihrer kulturgeschichtlichen Einbettung, die im dritten Kapitel vorgenommen wird, lassen sie sich als humorvolle, unterhaltsame Texte verstehen.Der Vergleich mit dem nichtjüdischen, weltlichen Theater der Frühen Neuzeit (viertes Kapitel) gilt zum einen der Aufführungsform, zum anderen der ästhetischen Gestaltung (grotesker Realismus). Mit Hilfe von Textvergleichen zwischen den frühen Fastnachtspielen der Kellerschen Sammlung und den Purimspielen zeigt die Autorin, dass beide Spielformen ähnliche performative Strategien verwandten, um den Kontakt zwischen Festgemeinschaft und Publikum herzustellen. Komik und Unterhaltung stellen sich jedoch auf unterschiedliche Weise her. Während man im frühen Fastnachtspiel Komik durch Realität hyperbolisierende und entgrenzende Sexualmetaphern erzeugte, dominiert im Purimspiel die Parodie als Mittel der Komik. Beide Spielformen sind in ihrer spezifischen Unterhaltung der jeweiligen kulturellen Identität ihrer Zuschauer verpflichtet.

Die Autorin wurde für diese Arbeit mit dem drupa-Preis 2002 ausgezeichnet.